Westphal Architekten
BDA
Neues Hulsberg Viertel

Konversion von 14ha ehemaligem Krankenhausgelände

Das Neue Hulsbergviertel ist das wichtigste Stadtentwicklungsgebiet Bremens. Auf 14 ha entwickeln wir den städtebaulichen Rahmenplan unter Einbindung der verbleibenden Bestandsbauten vom ehemaligen Krankenhaus Mitte.
Neues Hulsbergviertel 02 Terrasse
2013

ZEITRAUM

k.A

KOSTEN GESAMT

Grundstücksentwicklung Klinikum Bremen-Mitte GmbH & Co. KG

BAUHERR

Wettbewerb

LEISTUNG

Neues Hulsbergviertel 03 Corso

2. Preis

im Wettbewerb

Die Bebauung des neuen Hulsberg-Quartiers definiert sich aus dem Konzept der europäischen Stadt in seiner räumlichen Abfolge von Dichte und Weite: Dichte für die architektonisch bebauten Flächen, Weite für die Orte, Plätze, Parks und Gärten des öffentlichen Raumes. Der entwurfliche Ansatz unseres Konzepts hat seinen Schwerpunkt in der Entwicklung nicht nur eines sonder mehrer unterschiedlicher öffentlicher Räume und lokalisiert diese an den Orten der historischen Geschichte des Quartiers, welche von den zeitgeschichtlichen Gebäuden des ehemaligen Krankenhausareals geprägt sind.

Das öffentliche Quartiersleben sammelt sich um diese städtischen Plätze unterschiedlicher Größe und unterschiedlichen Charakters an den historischen Gebäuden der ehemaligen Klinik. Diese öffentlichen Räume sind impulsgebend für die Entwicklung der umgebenden Baufelder und ihren privaten Freiräumen und Gärten. Das dem Quartier eigene Ordnungsraster wird bewusst und wohltuend gestört und erzeugt ein Spannungsverhältnis um die historischen Gebäude.

 

Somit gruppiert sich um jeden Platz auch ein öffentliches Leben eigenen Charakters:

 

–        der städtische Ort zum Treffen und Verweilen vor dem Apartmenthaus am „Corso“ definiert den westlichen Eintritt in das neue Hulsberg-Quartier, flankiert von der historischen Krankenpflegeschule,

 

–        der allseits umbaute, fast intime Quartiersplatz „Terrasse“ bietet seinen umliegenden Bewohnern vom ehemaligen Gebäude des Personalrats nutzbare Aufenthaltsqualität mit Räumen für ein Cafe und dessen Außenbestuhlung,

 

–        der von der historischen Dermatologie umschlossene „Hofgarten“ mit Verweilqualität sowohl für die Besucher der zukünftigen Volks- oder Musikhochschule als auch für die angrenzenden Bewohner

 

–        der „Platz der Generationen“ an der ehemaligen Station 21, welcher die Kindertagesstätte bewusst mitten in das Quartiersleben hebt und Angebote für Jung und Alt gleichermaßen offeriert.

 

–        sowie der „Grünen Mitte“, ein Quartierspark im klassischen Sinne, der sowohl Aufenthaltsqualität als auch Fuß- und Radwegeverbindungen durch das Neue Hulsberg-Quartier anbietet.

Neues Hulsbergviertel 04 Platz der Generationen

Die Überlagerungen von der geschichtlichen Entwicklung werden hier ebenfalls ablesbar anhand der ehemaligen MTA-Schule, welche den Charakter der Grünen Mitte wesentlich gestaltet.

 

Aufgrund seiner Eigenschaften und Größe bietet dieser Platz auch Ausstrahlung über das Quartier hinaus und öffnet sich demzufolge in angemessener Geste und Größe zur Straße Am Schwarzen Meer.

Durchquert wird die Grüne Mitte von Wegen, die sowohl dem übergeordneten Rad- und Fußwegnetz als auch dem Flanieren dienen, flankiert von den grünen Spiel- und Liegewiesen.

 

Alle historischen Gebäude werden somit „in Szene gesetzt“, hervorgehoben und stadtbildprägend, sie sind identitätsstiftend für alle fünf Plätze des neuen Hulsberg-Quartiers.

Neues Hulsbergviertel 05 Hofgarten
Neues Hulsbergviertel 06 Grüne Mitte

freiraumkonzept

 

Eine homogene netzartige Freiraumstruktur durchzieht das neue Quartier. Die linearen Räume fungieren als Verkehrsflächen, an den „besonderen Orten“, im Bereich historischer Gebäude öffnet sich dieses Netz zu platzartigen Aufweitungen für vielfältig nutzbare Aufenthaltsräume.

Wiederkehrende Motive und Materialien unterstützen die Erlebbarkeit dieser öffentlichen Freiräume: So werden die Verkehrsflächen von seitlichen Reihen kleinkroniger Bäume begleitet, während die „besonderen Orte“ geprägt werden von den zum Teil mächtigen freistehenden Altbäumen und neu gepflanzten Baumgruppen.

 

Die Verkehrsflächen spannen sich als niveaugleiche Belagsfläche aus wasserdurchlässigem Kunststeinpflaster (Klinker- oder Betonpflaster) zwischen den Gebäuden auf. Die Breite der Flächen richtet sich nach der Kategorisierung des geplanten Verkehrskonzeptes.

 

Die Freiräume an den historischen Gebäuden  sind grüngeprägt und erhalten als besonderes Belagsmaterial (Rahmen, Wege etc.) ein Natursteinpflaster. Ihre inhaltliche Gestaltung ist individuell und richtet sich nach der künftigen Nutzung der Altbauten und der Bedeutung und Lage des Ortes im Quartier.

 

An den äußeren Quartiersrändern werden die vorhandenen, zum Teil sehr großzügigen Vorgärten mit Altbaumbestand erhalten. Grundsätzlich sollte auf eine dichte hohe Einfriedung verzichtet werden, vorstellbar ist eine niedrige Hecke oder transparente Einzäunung (falls durch die Gebäudenutzung erforderlich).

 

Der wertvolle Altbaumbestand wird so weit wie möglich erhalten. In den privaten Freiflächen und Gärten werden diese selbstverständlich integriert und tragen zur besonderen Lebensqualität dieser Orte bei. Im Bereich der Verkehrsflächen stellen die Bestandsbäume wie die historischen Gebäude eine Besonderheit dar: Sie „tanzen aus der Reihe“ und belassen die Historie des Viertels lebendig.

00 ABGABE _ Layout

MOBILITÄTSKONZEPT

 

Ziel des Mobilitätskonzeptes ist, das Quartier möglichst frei vom fließenden Kfz-Verkehr zu halten um somit Freiräume für Fußgänger und Radfahrer zu schaffen, die Aufenthaltsqualität deutlich zu verbessern und den neuen Stadtteil ökologisch wegweisend zu gestalten.

 

Dazu werden die notwendigen Flächen für den ruhenden Verkehr in gebührenpflichtigen Quartiersgaragen dezentral an den Rand des Neuen Hulsberg-Viertels gesetzt. Innerhalb des Quartiers finden sich nur wenige, zum Teil private Stellplätze.

 

Die Straßen machen durch Ihre Gestaltung und Querschnittsaufteilung jedem Nutzer deutlich, dass der motorisierte Individualverkehr im Viertel eine untergeordnete Rolle spielt. Das Verkehrsverhalten wird sich dementsprechend anpassen und ein gemeinsames Miteinander fördern. Dazu ist geplant, eine durchgängige und wiederzuerkennende Hierarchisierung der Straßen umzusetzen. Die Bedeutung des Kfz-Verkehrs nimmt von außen nach innen stetig ab. Dies lässt sich unmittelbar aus dem Charakter der Straßenräume ablesen.

 

Der Angestellten- und Besuchsverkehr des Klinikums Bremen Mitte wird separat und ohne direkte Verknüpfung mit den Wegen des Quartiers abgewickelt.

 

Radfahrer und Fußgänger können sich im Neuen Hulsberg-Viertel frei bewegen und alle Ziele im Quartier und außerhalb sehr gut, einfach und sicher erreichen. Eine Vernetzung mit den umliegenden Vierteln ist gegeben und wird an den entsprechenden Orten baulich hervorgehoben. Es ist vorgesehen, die wichtige Fahrradachse der Humboldtstraße direkt an das Wegenetz des Quartiers anzubinden.

 

Durch die Platzierung der Bushaltestelle in der Mitte des Quartiers und den umliegenden Straßenbahn- und Buslinien ist die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr als hervorragend zu bewerten.

 

Zusätzlich zu den dezentralen Parkhäusern werden an den markanten Orten am Rand des Viertels Car-Sharing Stationen (Mobilpunkte) von jeweils 10 bis 15 Stellplätzen angeordnet. Diese können sowohl von den Bewohnern des Neuen Hulsberg-Viertels als auch von den Anliegern benachbarter Bereiche genutzt werden. Zusätzlich werden innerhalb des Quartiers kleinere „Mobilpünktchen“ mit jeweils 2 bis 3 Stellplätzen angeboten.

 

Das durch die neuen Nutzungen induzierte zusätzliche Verkehrsaufkommen im motorisierten Individualverkehr wird sich hauptsächlich auf die umliegenden Hauptverkehrsstraßen auswirken. Hier sind gegebenenfalls Detailuntersuchungen an Knotenpunkten erforderlich. Im Quartier selbst wird sich dieser Verkehr nicht oder nur ein einem sehr geringen Umfang wiederfinden.

 

Die Verteilung der Verkehre wird sich – bezogen auf das Neue Hulsberg-Viertel – gleichmäßig um das Quartier herum entwickeln. Lediglich die Zufahrt zum Klinikum stellt einen Verkehrsschwerpunkt dar, der aber vom übrigen Quartiersverkehr getrennt ist und dort keine Störungen verursacht.

 

Alle genannten Entwurfsmerkmale fördern eine ökologisch bewusste Verkehrsmittelwahl und können die Grundlage für die Erarbeitung eines Mobilitätsmanagement-Konzeptes für das Neue Hulsberg-Viertel sein. Folgende Maßnahmen oder Ideen könnten dazu beitragen:

 

–          weiterer Ausbau von Car-Sharing Stationen

–           Schaffung von finanziellen Anreizen beim Verzicht auf das eigenen Auto

–           Einrichtung einer quartiersorganisierten Mobilitätsberatung

–          Stufenweise Reduzierung von Stellplätzen durch organisierte Mehrfachnutzungen

–           Schaffung einer sehr guten öffentlichen Vernetzung

–           Einrichtung eines hohen Standards bei Fahrradabstellanlagen

–          Kooperation von Wohnungsgesellschaften und Verkehrsunternehmen

–          Jobtickets

 

Vernetzung mit den umliegenden Quartieren

 

Die Vernetzung des neuen Hulsberg-Viertels mit den umliegenden Gebieten erfolgt im Wesentlichen über das historisch gewachsene Bild des ehemaligen Krankenhausareals:

 

Die angemessen, großzügigen Freiflächen vor den historischen Bettenhäusern bleiben nach wie vor erhalten und prägen auch weiterhin die typologische Eigenständigkeit, gewachsen aus der Geschichte des Ortes.

 

Durch gezielte Platzierung von Einzelbaukörpern, wie z. B. an der St.-Jürgen-Straße werden diese Freiräume durch ihre räumliche Fassung noch deutlicher hervorgehoben und akzentuieren die neuen Wegeverbindungen in das Quartier, welche sich immer an den historischen Gebäuden befinden.

 

Dennoch wird der Eintritt in das neue Hulsberg-Viertel räumlich nicht deutsam und über das Maß inszeniert, sondern entspricht den stadträumlichen adäquaten Proportionen der umliegenden Straßenmündungen. Lediglich der südliche Zugang zur grünen Mitte Am Schwarzen Meer ist räumlich hervorgehoben, gerahmt von der Pathologie und der MTA-Schule. Diese räumliche Öffnung stellt auch eine Geste für die umliegende Öffentlichkeit dar, diesen Park als Naherholungsfläche zu nutzen.

Neues Hulsbergviertel 08 Modellfoto