Westphal Architekten
BDA
Haus am Breitenweg

Aufstockung in der Bahnhofsvorstadt

Der Wunsch nach mehr Wohnraum in der Innenstadt und das Bekenntnis zu mehr Höhe und Dichte ermöglichen die Planungen für die Aufstockung vom Zeitzeugen aus dem Wiederaufbau in der Bahnhofstadt.
Haus am Breitenweg 02 Blick von der Hochstrasse
2017

ZEITRAUM

k.A.

KOSTEN GESAMT

Willi Heise, Verden

BAUHERR

1-2

LEISTUNG

HAB
Historie Das Geschäftsgebäude an der Bahnhofstraße 1 markierte den Übergang zwischen heutigem Bahnhofsvorplatz und Innenstadt, zwischen den stadteinwärts führenden Straßen Herdentor und Bahnhofstraße. Im Zuge des Wiederaufbaus der Nachkriegszeit wurde eine neuer Städtebau formiert, der das Weichbild und die Körnung der Bahnhofvorstadt gleichermaßen verändert hat, wie die Infrastruktur der Verkehrsführung. Insofern entsprach nicht nur die Gebäudehöhe mit VII Geschossen dem Zeitgeist der „modernen Stadt“, sondern auch die später fertiggestellte Hochstraße am Breitenweg dem Idealbild der „autogerechten Stadt“. Das ca. 70 m lange Gebäude am Breitenweg 1 war nach seiner Fertigstellung im Jahre 1958 das „erste Haus“ nach verlassen der Bahnhofshalle und beinhaltete ca. 5.300 m² oberirdischer BGF für überwiegend Büros, Läden im EG, sowie wenige Wohnungen im 6. OG. Ein seinerzeit schon beantragtes Staffelgeschoss wurde abgelehnt. Die gestalterische Anmutung besticht durch eine gerastete Lochfassade aus Travertin, sowie ein umlaufendes Kragdach aus Beton als oberen Abschluss des Baukörpers.

Veröffentlichungen

Städtebauliches Leitbild Bahnhof-Vorstadt

Eine städtebauliche Aufwertung der Bahnhofsvorstadt ist seit geraumer Zeit erklärtes Ziel der Stadtplanung und wird momentan durch verschiedene Projekte Realität:

Es entsteht in unmittelbarer Nachbarschaft das Schlüsselprojekt „City Gate“ am Bahnhofsvorplatz. Auch die Aufwertung der Discomaile im östlichen Teilbereich beginnt in kürze, sowie die Sanierung des GEWOBA - Hochhauses.

Die städtebauliche Gesamtbetrachtung vom Büro COBE im Jahre 2017 verdeutlicht Zielsetzung von Verdichtung der Bebauung, Aufwertung der Freiräume, Akzentuierung von baulichen Hochpunkten, sowie Ausweisung neuer Quartiere, wie z.B. des Fernbusterminals in der Bahnhofsvorstadt.

Dieses erklärte Einverständnis der weiteren Entwicklung der Bahnhofsvorstadt ist Grundlage der folgenden entwurflichen Betrachtung vom Gebäude Bahnhofstraße 1.
Konzept Aufstockung

Das entwurfliche Konzept sieht eine zweigeschossige Aufstockung des Bestandgebäudes für eine Wohnnutzung vor. Die vertikale Fortsetzung der bestehenden Treppenhäuser und Aufzüge ermöglicht die Erschließung von fünf großzügig geschnittenen Wohnungen pro Ebene, welche einen einzigartigen Blick über die Altstadt von Bremen, die Wallanlagen bis hin zu den Domtürmen und der Wallmühle aufzeigen.

Das Grundrisskonzept aller Wohnungen zeigt eine Erschließung von nord-osten und eine Ausrichtung der Aufenthaltsräumen nach süd-westen über vorgelagerte Terrassen. Die Zielgruppe der ca. 65 -
- 110 m² großen 2 - 3 Zimmer - Wohnungen, entspricht dem loftartigen Zuschnitt der Grundrisse.

HAB

Vorbeugender Brandschutz

Die Aufstockung löst die Einstufung des Projektes in die Hochhausrichtlinien aus. Diese Tatsache hat Einfluss sowohl auf das Bestandsgebäude, als auch auf die Neuplanungen vom 7. und 8. OG. Ein notwendiger Feuerwehraufzug durchläuft zukünftig alle bestehenden Etagen und kann aber auch der zukünftigen Erschließung dienen. An Stelle eines ansonsten üblichen Sicherheitstreppenhauses werden die bestehenden Treppenhäuser weiterhin verwendet und dienen auch zukünftig der Adressierung und Entfluchtung gleichermaßen.
Um der notwendigen Entfluchtung in den neuen Wohnetagen doch gerecht zu werden ist ein offendurchlüfteter Rettungsbalkon erforderlich, der die Wohnungen an beide Treppenhäuser innerhalb der zulässigen Fluchtweglängen erschließt. Diese laubengangähnliche Erschließung auf der Straßenseite ist unvermeidbar und stellt einen erheblichen Charakter des Projektes dar.

Statik

Die zweigeschossige Aufstockung löst eine vertiefte Betrachtung der Bestandszustände vom Gebäude aus. Aufgrund der veränderten Lastverhältnisse entfällt ein Bestandsschutz und ein Neunachweis wird notwendig. Ergänzend zu den statischen Berechnungen ermöglichen sowohl ein Windgutachten, sowie eine Entnahme von Betonkernproben zusätzliche vertiefende Erkenntnisse der Potenziale vom Bestand mit dem Ziel von Erleichterungen der statischen Notwendigkeiten.
Die konstruktive Ausbildung der beiden neuen Etagen erfordert eine leichte Stahlbaukonstruktion, welche allen Ansprüchen der Hochhausrichtlinien genügt (z.B. nichtbrennbare Materialien). Eine Lastverteilungsebene oberhalb der Bestandsdecke ermöglicht die direkte vertikale Lastabtragung in die bestehenden Stützen und Außenwände vom neuen Tragwerk in die Konstruktion von 1958.

7 Fassade

Die neue Fassade umhüllt die Wohnnutzungen mit dem Ziel einer einheitlichen morphologischen Aussage, welche sich aus dem Bestand der unteren Geschoße entwickelt. Die vorgelagerten Terrassen und Rettungsbalkone werden umhüllt mit einem luftdurchlässigen Metallgewebe. Eine leichte Faltung im Raster des Bestandsgebäudes verleitet der transluzenten und durchlüfteten Hülle einen gestalterisch abstrakten formalen Ausdruck, der durch einen bewegten oberen und unteren Abschluss verdeutlicht und überhöht wird.
Diese äußere Hülle ermöglicht Ausblicke und hemmt Einblicke, bietet Schütz vor dem teils unwirtlichen Außenraum und lässt dennoch Bezug zum Stadtraum zu. Nur so erhalten die vorgelagerten Terrassen einen adäquaten Schutz der dahinter befindlichen wertvollen Terrassenfläche und nur so wird wohnen an diesem Standort in der Innenstadt möglich.
Geöffnet wird die Gaze an den Bereichen, wo ein uneingeschränkter Einblick erforderlich wird: vor den eigentlichen Nutzräumen, den Wohn- und Schlafräumen.
Die innere Fassade stellt die eigentliche thermische Hülle dar und zeigt sich ruhig zu den Wohnräumen großzügig verglast.
HAB
HAB